Medizininformatik in Deutschland

Charité – Universitätsmedizin Berlin

Projektpartner im Konsortium HiGHmed

Die Charité – Universitätsmedizin Berlin, kurz Charité, vertritt in Kooperation mit dem Berlin Institute of Health (BIH) den Standort Berlin in der Medizininformatik-Initiative. Die Charité zählt zu den größten Universitätskliniken Europas. Hier arbeiten und forschen mehr als 21.000 Beschäftigte in rund 100 Kliniken und Instituten. Ziel des BIH ist es, neue Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung zum Nutzen der Patientinnen und Patienten in die Klinik zu bringen. Einen Schwerpunkt bildet dabei die personalisierte Behandlung chronisch fortschreitender Krankheiten, z.B. Krebs, Herz-Kreislauferkrankungen oder Demenz.

Charité und BIH arbeiten daran, individuelle Gesundheitsrisiken genauer vorherzusagen und personalisierte Therapien zu entwickeln. Dafür haben sie das Zentrum „Digitale Gesundheit“ eingerichtet. Es führt die Daten aus Forschung und Patientenbehandlung aller medizinischen Fachbereiche der Berliner Universitätsmedizin in einer zentralen Infrastruktur zusammen, der „Health Data Platform“.

Diese Plattform bildete die Basis für das medizinische Datenintegrationszentrum an der Charité. Komplexe Datenanalysen helfen Forschenden sowie Ärztinnen und Ärzten, die medizinische Versorgung zu verbessern und Patientinnen und Patienten stärker mit einzubeziehen. So können diese über benutzerfreundliche Online-Werkzeuge ihre Daten – unter strikter Einhaltung des Datenschutzes und ethischer Regeln – zu Forschungszwecken freigeben. Der persönliche Datenbestand und die Ergebnisse von Analysen können sie einsehen und durch eigene Daten ergänzen.

Charité und BIH beteiligen sich – zusammen mit anderen Partnern der Medizininformatik-Initiative – an vielfältigen Anwendungsfällen, die den Mehrwert von IT-Lösungen für eine bessere Versorgung aufzeigen:

  • Infektionskontrolle: Gelangen Bakterien in die Blutbahn, können sie sich im Körper ausbreiten und gefährliche Infektionen auslösen. Automatisierte Analysen von Patientendaten sollen Ärztinnen und Ärzten in Krankenhäusern künftig helfen, die Infektionsrisiken einzelner Patientinnen und Patienten besser einzuschätzen und – falls nötig – vorbeugend personalisierte Schutzmaßnahmen gegen Krankenhauskeime einzuleiten.
  • Krebsmedizin: Je mehr Ärztinnen und Ärzte über die spezielle Krebserkrankung jedes einzelnen Betroffenen wissen, desto besser und zielgerichteter können sie über die bestmögliche personalisierte Therapiemöglichkeit entscheiden. Um möglichst viele Informationen zu sammeln, sollen klinische und biomedizinische Daten – z.B. zu genetischen Veränderungen in Tumoren – an möglichst vielen Standorten übergreifend analysiert werden können.
  • Kardiologie: Moderne IT-Verfahren sollen komplexe Biosignale (z.B. EKG-Daten) mit vielfältigen klinischen Informationen (z.B. Blutdruckwerten, Medikationen) zu einem Datenschatz zusammenführen. Dessen Analyse soll Ärztinnen und Ärzten helfen, Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen präziser zu erkennen, ihnen gezielt vorzubeugen und die personalisierte Herz-Kreislauf-Medizin zu stärken.

Folgende bereits abgeschlossene Projekte der Medizininformatik-Initiative haben beide Organisationen unterstützt:

  • Seltene Erkrankungen: Vereinheitlichte Fall-Dokumentationen und maßgeschneiderte IT-Lösungen unterstützen Behandelnde und Forschende dabei, Seltene Erkrankungen genauer zu verstehen und die medizinische Versorgung der Betroffenen zu verbessern.
  • Daten zu Bioproben: Die Vernetzung von Biobanken und Datenintegrationszentren vergrößert die Basis der datenbasierten Gesundheitsforschung. Das hilft Forschenden, Krankheiten und ihre Variationen präziser zu erkennen und Therapien zu optimieren.
  • Infektionskontrolle: Um Patientinnen und Patienten vor Krankenhausinfektionen besser zu schützen, entwickelten Forschende ein computerbasiertes Frühwarnsystem. Mit seiner Hilfe können Infektionen, Verdachtsfälle und mögliche Übertragungswege frühzeitiger erkannt und eingedämmt werden. In der COVID-19-Pandemie diente das System auch dazu, die Ausbreitung des Virus in Krankenhäusern zu verhindern.

Charité – Universitätsmedizin Berlin
Berliner Institut für Gesundheitsforschung in der Charité
Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Charité Berlin

Onkologie

Für eine qualitätsgesicherte personalisierte Medizin bündelt die Charité – Universitätsmedizin Berlin die vielfältigen Kompetenzen aller Fachbereiche, die regelmäßig in der etablierten molekularen Tumorkonferenz zusammentreffen. Daher bringt die Charité – Universitätsmedizin Berlin einen großen Erfahrungsschatz an Prozessen, Strukturen und Infrastrukturen in das Projekt PM4Onco ein und ist gemeinsam mit dem Berlin Institute of Health in der Charité (BIH@Charité) sowohl verantwortlich für die Fertigstellung und Integration von notwendigen Komponenten und Prozessen als auch für die Erstellung von einsatzfähigen Software- und Dokumentationspaketen. Dadurch wird die reibungslose Einführung der Dateninfrastruktur an den weiteren Standorten der Medizininformatik-Initiative unterstützt. Ziel ist der Aufbau einer nationalen, interoperablen Infrastruktur, die Patienten und Patientinnen personalisierte Optionen zur Behandlung von Krebserkrankungen bietet und weiterentwickelt.

Nationale Dekade gegen Krebs: Vernetzte Daten für bessere Therapieentscheidungen

Kardiologie

Die Zusammenführung von medizinischen Daten und Forschungsergebnissen zur personalisierten Behandlung von Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist ein wichtiger Schritt hin zu einer verbesserten Gesundheitsversorgung. Durch den Einsatz intelligenter IT-Lösungen können individuelle Risiken früher erkannt und entsprechende Maßnahmen rechtzeitig ergriffen werden.

Die Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Campus Benjamin Franklin der Charité - Universitätsmedizin Berlin arbeitet hierbei eng mit den Teams des Medizinischen Datenintegrationszentrums und den Arbeitsgruppen der Medical and Health Data Sciences des BIH
zusammen.

Die Expertise am Campus Benjamin Franklin (CBF) liegt im Bereich Kardiomyopathien (Erkrankungen des Herzmuskels) und Herzinsuffizienz (Herzschwäche). Außerdem verfügt das CBF über ein umfassendes Präventionszentrum für Herz-Kreislauf-Erkrankungen unter der Leitung von Prof Landmesser.

Die über die Jahre gewachsene Kooperation zwischen der Charité und dem BIH spielen eine entscheidende Rolle bei der Translation, also der Entwicklung und Implementierung innovativer digitaler Lösungen im Gesundheitswesen. Im Bereich der Kardiologie ist ACRIBiS bereits der zweite Anwendungsfall der Medizininformatik-Initiative, mit dem die Versorgung von Herz-Kreislauf-Patientinnen und -Patienten an der Charité strukturell nachhaltig verbessert wird.

Medizininformatik-Initiative: ACRIBiS – Personalisierte Risikobewertungen für Herz-Kreislauferkrankungen

Infektionskontrolle

Um gefährliche Keime in Krankenhäusern frühzeitig erkennen und besser eindämmen zu können, hat die Medizininformatik-Initiative ein computerbasiertes Frühwarnsystem entwickelt (SmICS). Ein solches System kann viele Leben retten: In jedem Jahr sterben allein in Europa rund 35. 000 Menschen an einer Infektion mit einem antibiotikaresistente Keim. Das Frühwarnsystem trägt dazu bei, die komplexen Zusammenhänge und Ursachen von Infektionen in Kliniken und die Übertragungswege zwischen den Krankenhäusern aufzudecken. Diesen Anwendungsfall hat die Charité mit der langjährigen Erfahrung des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin auf dem Gebiet der Infektionsforschung unterstützt.

Medizininformatik-Initiative: Use Case Infektionskontrolle

Damit Patientinnen und Patienten insbesondere vor Infektionen des Blutes („Blutstrominfektionen“) künftig besser geschützt werden können, entwickelt die Medizininformatik-Initiative in einem weiteren Projekt (RISK PRINCIPE) ein automatisiertes Datenanalysesystem. Es soll das medizinische Personal entlasten und ihm helfen, Infektionsrisiken von Patientinnen- und Patientengruppen einzuschätzen und – wenn nötig –vorbeugende Maßnahmen zur Infektionsprävention frühzeitig einzuleiten. In diesem Projekt ist die Charité insbesondere für die Entwicklung von Methoden für die (semi-)automatische Erhebung, Analyse, Interpretation und Berichterstattung von Infektionskrankheiten (Surveillance) an einzelnen Standorten und auf standortübergreifender Ebene zuständig.

Medizininformatik-Initiative: RISK PRINCIPE – Risikovorhersage zur Infektionskontrolle und Behandlung in Krankenhäusern

Videos

Die Medizininformatik-Initiative des BMBF – Daten gemeinsam nutzen

Mit rund 160 Millionen Euro fördert das BMBF von 2018 bis 2021 die digitale Vernetzung von Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen. Der Animationsfilm zeigt, wie die Medizininformatik dazu beitragen wird, Krankheiten besser zu verstehen und wirkungsvoller zu behandeln. © BMBF


Medizininformatik: Ein Schatz, den es zu heben gilt

Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) zeigt schon heute, wie die Digitalisierung die medizinische Forschung stark verändert. Hier sucht man mithilfe von Datenanalysen nach Wirkstoffen gegen Alzheimer oder Parkinson. © BMBF


So funktioniert die Einwilligung zur Datennutzung für die medizinische Forschung

Voraussetzung für das Forschen mit Daten ist die informierte Einwilligung der Patientinnen und Patienten in die Nutzung ihrer Daten. Wie funktioniert das genau? Wie lange werden die Daten gespeichert und wer darf sie nutzen? Wie wird der Datenschutz sichergestellt und was passiert bei einem Widerruf? © BMBF